(Illustration nach Dr. Martin Langer, Münster)
 
 

 Wenig verschobene Fraktur des Kahnbeins im mittleren Dritel

 

 

 Die gleiche Fraktur nach Verschraubung

 

 Verschraubung "upside-down"

 

 

 Arthrose des Handgelenkes  (Typ SNAC III)
nach unbehandelter Scaphoidfraktur

Die Scaphoidfraktur

(Das Kahnbein, Os scaphoideum)

 

Fraktur

Es fängt ganz harmlos an. Ein einfaches Stolpern, das man etwas ungeschickt mit der Hand abfängt, oder vielleicht doch ein richtiger Sturz auf die Hand, der aber gar nicht so schmerzhaft sein muss. Häufig fühlt es sich wie eine Verstauchung an, in wenigen Tagen geht es schon spürbar besser, doch ganz weg geht der Schmerz nicht mehr. Es gibt Leute, die gehen deswegen gar nicht zum Arzt und das Problem wird erst Jahre später entdeckt. Die Meisten aber konsultieren den Arzt innert 1-3 Wochen. 

Ist die Fraktur verschoben, wird die Sache rasch klar, zumal in diesem Fall i. R. auch ein schmerzhafteres Ereignis vorlag. Doch manchmal ist die Fraktur gar nicht verschoben und auch im Röntgenbild kaum zu erkennen. Grund für dieses relativ häufige Problem ist die Anatomie. Wie alle Handwurzelknochen, liegt das Scahphoid im inneren des Hangelenkes zum grössten Teil vom Knorpel überzogen und umspült von Gelenksfflüssigkeit, die das Gleiten des Knorpels erleichtert und diesen z.T. auch ernährt. Dieser Knorpel ist dick, elastisch und kann eine Fraktur unbeschadet überstehen. Er hält dann die beiden Frakturteile zusammen, so dass die Fraktur im Röntgen nur erkennbar ist, wenn der Strahlengang exakt parallel zur Frakturebene verläuft. Hat man jetzt aus der klinischen Untersuchung den Verdacht auf eine solche „occulte“ Scaphoidfraktur, so gibt es zwei Wege die Diagnose zu erhärten: 

  1. Abwarten. Eine nicht verschobene, mit dem Knorpel bereits leicht fixierte Fraktur kann man in den meisten Fällen konservativ behandeln, also verpasst man mit Zuwarten nichts. Eine Ruhigstellung des Handgelenkes ist schon aus Schmezgründen ohnehin erforderlich und in etwa 2 Wochen wiederholt man das Röntgenbild. Die Fraktur sieht man dann immer noch nicht, dafür aber schon die ersten Heilungsvorgänge. 
  2. Erzwingen. Will man die Diagnose sofort haben, trotz fehlender unmittelbarer Konsequenz für die Therapie, dann hilft eine Computertomographie (CT). Es gibt eine gewisse Tendenz, immer gleich ein MRI zu verlangen, was in dieser Situation aber falsch wäre. Während man im CT den Knochen hervorragend beurteilen kann, sieht man im MRI vorwiegend Weichteile und Flüssigkeiten, den Knochen aber etwas schlechter. Im Falle der occulten Scaphoidfraktur würde man im MRI vor allem das Blut sehen, was nicht automatisch für eine Fraktur beweisend ist.



Behandlung

Verschoben oder nicht verschoben. Konservativ oder operativ. Diese vier Eckpunkte muss man zu  einem einfachen Diagram verbinden.

Eine nicht verschobene, bereits anatomisch stehende Fraktur, lässt sich immer konservativ behandeln. Ob man das will, ist eine andere Frage. Der Wunsch nach Operation kommt in diesem Fall häufig vom Patienten mit Verweis auf seine berufliche oder soziale Situation, denn die Nachbehandlung nach der Operation ist etwas einfacher. Während man bei der konservativen Behandlung den Unterarm inklusive Daumen für 8-10 Wochen eingipsen muss - solange heilt das Scaphiod - reicht nach der Verschraubung für die gleiche Zeit nur eine leichte Manschette oder gar nur Schonung. 

Ist die Fraktur verschoben, ist die Operation eigentlich nicht verhandelbar. Die beiden Knochenstücke müssen minutiös anatomisch auf einander gestellt und verschraubt werden. Versäumt man es, entsteht ein nur allzu bekannter Arthose Typ (SNAC) der in einigen Jahren zur schmerzhaften Einsteifung des ganzen Handgelenkes führt. 

Als Operationsmethode hat sich die Verschraubung mit einer einzigen Kompressionsschraube durchgesetzt. Während es viele solche Implantate gibt, ist das Prinzip immer das gleiche: Die Schraube hat vorne und hinten ein Gewinde mit unterschiedlicher Steigung. Während sie eingedreht wird, erzeugt sie die wunschgemässe Kompression zwischen den beiden Knochenstücken und verschwindet dabei vollständig im Knochen, so dass auch später eine Entfernung der Schraube nicht erforderlich ist. Der Eingriff kann meistens ambulant und in regionaler Betäubung des Armes durchgeführt werden.

Durch die Operation wird die Heilungsdauer allerdings nicht verkürzt, die hat biologische Gründe, vor allem die ganz besondere Art, wie das Os scaphoideum mit Blut versorgt wird. 

 

Resultat

Das Ziel jeder Behandlung, egal ob konservativen oder operativen, ist die viel zitierte „restitutio ad integrum“, d. h. "alles wieder wie vorher". Bis das so weit ist, kann aber ½ bis 1 Jahr dauern. So lange kann die Hangelenksbeweglichkeit eingeschränkt bleiben, die Narbe etwas stören und das Handgelenk generell etwas empfindlich sein.

 

 

Dr. med. J. Huracek, 2020